Fortbildung zum geprüften Rechtsfachwirt/in

Die Rechtsanwaltskammer Koblenz bietet in Kooperation mit den Rechtsanwaltskammern Zweibrücken und des Saarlandes sowie der Hans Soldan GmbH eine Fortbildung zum geprüften Rechtsfachwirt an. Die Fortbildungsprüfung zum anerkannten Abschluss „Geprüfter Rechtsfachwirt/Geprüfte Rechtsfachwirtin“ hat 2001 den „Diplom-Bürovorsteher“ abgelöst.


Wer kann Geprüfter Rechtsfachwirt/Geprüfte Rechtsfachwirtin werden?

Die Fortbildung richtet sich in erster Linie an Rechtsanwaltsfachangestellte mit einer mindestens zweijährigen Berufspraxis. Teilnehmen kann aber auch, wer eine mindestens sechsjährige Berufspraxis in einer Kanzlei nachweisen kann.


Vorbereitungskurse

Verschiedene Lehrgangsveranstalter, wie z.B. die vorgenannten Rechtsanwaltskammern, in Kooperation mit der Fa. Hans Soldan GmbH in Essen, bieten Vorbereitungskurse für die Fortbildungsprüfung zum Geprüften Rechtsfachwirt an. Der Besuch eines solchen Kurses, der in der Regel über eineinhalb Jahre an jedem zweiten Wochenende stattfindet, ist zwar nicht verpflichtend, aber dringend zu empfehlen, weil es anderenfalls schwer sein wird, sich den umfangreichen Stoff selbst zu erarbeiten und anzueignen. Aber Achtung: Auch bei Besuch der Kurse wird vorausgesetzt, dass der Prüfungsstoff aus der Abschlussprüfung zur Fachanwaltsfachangestellten noch sitzt. Außerdem: Es handelt sich um eine Praktikerprüfung, so dass ausreichende Berufserfahrung entscheidend für ein gutes Bestehen der Prüfung ist! Gerade in der mündlichen Prüfung geht es nicht nur um Wissen, sondern auch und vor allem um die Fähigkeit, die Theorie auch im Alltag umsetzen zu können. Es ist daher ratsam, zunächst Berufserfahrung zu sammeln, bevor man mit der Vorbereitung auf die Prüfung beginnt.

Förderung

Die Vorbereitungskurse kosten je nach Anbieter ca. 3.000,00 € – für die meisten Teilnehmer viel Geld, und nicht immer übernimmt der Arbeitgeber die Kursgebühren. Hier können verschiedene Fördermöglichkeiten helfen.

Seit 1991 unterstützt das Förderprogramm der Bundesregierung „Begabtenförderung berufliche Bildung“ gezielt begabte junge Absolventinnen und Absolventen einer Berufsausbildung bei ihrer „Karriere mit Lehre“ mit einem Weiterbildungsstipendium. Finanziert wird das Programm vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Durchgeführt wird es von der Rechtsanwaltskammer als zuständige Stelle für Berufsbildung. Gefördert werden kann in der Regel, wer eine Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachgestellten abgeschlossen hat, die Berufsabschlussprüfung mit mindestens 87 Punkten, bzw. Durchschnittsnote 1,9 oder besser bestanden hat und zum Aufnahmezeitpunkt jünger als 25 Jahre ist. Leider können pro Kalenderjahr nur zwei Stipendiaten aufgenommen werden. Entscheidend für die Auswahl, wer von den geeigneten Bewerbern tatsächlich gefördert werden kann, ist letztlich die Abschlussnote.

https://www.sbb-stipendien.de/sbb.html

 

Daneben unterstützt das „Aufstiegs-BAföG“ (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz –AFBG) die berufliche Aufstiegsfortbildung finanziell und erleichtert die Gründung von Existenzen. Das Gesetz ist ein umfassendes Förderinstrument für die berufliche Fortbildung und zwar unabhängig davon, in welcher Form sie durchgeführt wird, sei es Vollzeit, Teilzeit, schulisch, außerschulisch, mediengestützt oder als Fernunterricht. Den Maßnahmezuschuss von 30 % der Ausbildungskosten – also Fortbildungs- und Prüfungskosten – kann jeder beantragen, unabhängig von den für das BAföG sonst geltenden Voraussetzungen. Für die Förderung dürfen die Antragsteller noch nicht über eine berufliche Qualifikation verfügen, die dem angestrebten Fortbildungsabschluss mindestens gleichwertig ist. Eine Altersgrenze besteht hier nicht. Weitere Informationen und Antragsformulare finden Sie unter

https://www.aufstiegs-bafoeg.de/

Fortbildungsprüfung

Die Rechtsanwaltskammern Koblenz, des Saarlandes und Zweibrücken haben einen gemeinsamen Prüfungsausschuss eingerichtet, der einmal im Jahr die Prüfung abnimmt. Die Prüfung findet schriftlich und mündlich statt. Im schriftlichen Teil müssen jeweils zwei zweistündige und zwei vierstündige Klausuren geschrieben werden. Die mündliche Prüfung besteht aus einem praxisorientierten Situationsgespräch sowie einem sich anschließenden Fachgespräch. Anders als in der Abschlussprüfung zum Rechtsanwaltsfachangestellten ist die Prüfung nur bestanden, wenn in allen Prüfungsfächern mindestens die Note „Ausreichend“ erreicht wird.

Prüfungsinhalt

Die Prüfung ist in vier Handlungsbereiche aufgeteilt, die in der Prüfungsordnung für die Durchführung der Fortbildungsprüfung geregelt sind:

Im Bereich „Büroorganisation und Verwaltung“ muss nachgewiesen werden, dass der Prüfungsteilnehmer in der Lage ist, ein Anwaltsbüro im nicht anwaltlichen Bereich eigenverantwortlich, systematisch und betriebswirtschaftlich orientiert zu führen. Zu diesem Prüfungsgebiet gehören auch Probleme des Steuerrechts und der Buchführung.

Im Fach „Personalwirtschaft und Mandantenbetreuung“ muss der Nachweis erbracht werden, dass der Absolvent Vorgänge auf Basis betriebswirtschaftlicher und arbeitsrechtlicher Grundlagen interpretieren, analysieren und bearbeiten kann. Er soll in der Lage sein, Praxisziele, Organisations- und Kooperationsformen im Zusammenspiel von Mitarbeitern, Mandanten und anderen Beteiligten einzuschätzen und zu berücksichtigen. In diesem Fach werden insbesondere fundierte Kenntnisse im Arbeitsrecht aber auch im anwaltlichen Berufsrecht abgefragt.

Ein wesentlicher Prüfungsteil ist die „Mandatsbetreuung im Kosten-, Gebühren- und Prozessrecht“. Hier wird neben dem RVG, dem GKG, den einschlägigen Regeln des FamFG und den Verfahrensgesetzen zur Berechnung der Vergütung insbesondere auch das Prozessrecht geprüft. Darunter fällt das gesamte gerichtliche Mahnverfahren, in praxisbezogenen Schwerpunkten die ZPO, die StPO , das OWiG und das GVG und schließlich die Grundzüge des WEG, des Betreuungsrechts und die Besonderheiten der fachgerichtlichen Verfahren.

Letztes Prüfungsfach ist die „Mandatsbetreuung in der Zwangsvollstreckung und im materiellen Recht“. Hier muss nachgewiesen werden, dass der Prüfling in der Lage ist, titulierte Forderungen in jeglicher Hinsicht durchzusetzen, die entsprechenden Anträge zu stellen, sowie die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse einzuordnen und dazugehörige einfache Rechtsfragen richtig beurteilen zu können. Im Fach materielles Recht werden umfassende Kenntnisse des bürgerlichen Rechts über Personen, die Rechtsgeschäfte, Verjährung, Schuldverhältnisse, insbesondere Leistungsstörungen, Besitz, Eigentum und unerlaubte Handlung geprüft. Prüfungsgegenstand sind aber auch Schwerpunktkenntnisse des Sachen-, Familien- und Erbrechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts, des Rechts an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, des Strafrechts, des Straßenverkehrsrechts sowie der Verkehrsunfallregulierung.

Gesetzliche Grundlagen für die Fortbildung „gepr. Rechtsfachwirt/in“ erhalten Sie hier:

Berufliche Chancen

Rechtsfachwirte heben sich von den Rechtsanwaltsfachangestellten deutlich ab. Wer die Prüfung besteht, besitzt nicht nur die Qualifikation zur Verwaltung, Organisation und Leitung eines Rechtsanwaltsbüros. Er kann auch qualifizierte Sachbearbeitung im anwaltlichen Aufgabenfeld leisten und damit den Rechtsanwalt in seiner täglichen Arbeit entlasten und Zeit und Kosten sparen. Das wirkt sich für den Rechtsfachwirt meistens nicht nur in Form einer besseren Bezahlung aus. Auch das Aufgabenfeld erweitert sich und wird anspruchsvoller. Für beide, Rechtsanwalt und Rechtsfachwirt, also ein Gewinn.

Hochschulzugang

Die Kultusministerkonferenz hatte am 06.03.2009 den Beschluss „Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung“ verabschiedet. Dadurch wird den Inhabern beruflicher Aufstiegsfortbildungen und damit auch den Geprüften Rechtsfachwirten der allgemeine Hochschulzugang eröffnet. Das kann im Extremfall bedeuten, dass derjenige, der keinen Schulabschluss hat, nach absolvierter Lehre und bestandener Weiterbildungsprüfung noch studieren kann, z.B. Rechtswissenschaften oder jeden anderen Studiengang. Von einigen Prüfungsteilnehmern wissen wir, dass sie das auch vorhaben.

Mitglieder des Prüfungsausschuss der Rechtsanwaltskammern
Koblenz, Saarbrücken und Zweibrücken

RAin JRin Sabine Peruche, Koblenz – Stellv. Vorsitzende
(Mitglied Arbeitgebervertreter) 

RAin Annemarie Dhonau LL.M., Mainz
(Stellv. Mitglied Arbeitgebervertreter)

 

BV Horst-Reiner Enders, Neuwied - Vorsitzender
(Mitglied Arbeitnehmervertreter)

BVin Petra Schöneberger, Hornbach
(Stellv. Mitglied Arbeitnehmervertreter)

Rechtswirtin Carmen Wolf, Mülheim-Kärlich
(Stellv. Mitglied Arbeitnehmervertreter)

 

OStR Karsten Gohr, Vallendar
(Mitglied einer Berufsbildenden Schule)

StR Florian Müller, Montabaur
(Stellv. Mitglied einer Berufsbildenden Schule)

OStRin Susanne Jehle, Waldesch
(Stellv. Mitglied einer Berufsbildenden Schule)