Interessenkollision §§ 43 a Abs. 4, 45, 46 BRAO, 3 BORA
Das Verbot widerstreitende Interessen zu vertreten, gibt dem Mandanten die Sicherheit, dass ausschließlich seine Interessen anwaltlich vertreten werden und dass sein Anwalt nur ihm verantwortlich dient. Dieses Verbot ist wesentliche Grundlage für das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Anwaltschaft. Daneben beinhaltet § 45 BRAO ganz konkrete Tätigkeitsverbote wegen Vorbefassung in gleicher Angelegenheit und § 46 BRAO ein Tätigkeitsverbot für den Syndikusanwalt.
Die Absolutheit, mit der dieses Verbot in der Vergangenheit zu beachten war, hat dazu geführt, dass Rechtsanwälten ein Wechsel der Sozietät nur schwer, wenn nicht sogar unmöglich gemacht wurde, wenn in beiden Sozietäten Mandate gegeneinander geführt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat dies mit einer Grundsatzentscheidung im Jahre 2003 (BVerfG NJW 2003, 2520 ff.) für nicht mit Art. 12 GG vereinbar erklärt, da das Verbot nicht nur für den in der Sache persönlich tätigen Rechtsanwalt gilt, sondern auch für alle mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft, gleich welcher Rechts- und Organisationsform verbundenen Rechtsanwälte.
Die Satzungsversammlung hat deshalb § 3 Abs. 2 Satz 2 BORA geändert. Hiernach gilt das Verbot nicht, wenn sich im Einzelfall die betroffenen Mandanten in den widerstreitenden Mandaten nach umfassender Information mit der Vertretung ausdrücklich einverstanden erklärt haben und Belange der Rechtspflege nicht entgegenstehen. Information und Einverständniserklärung sollen in Textform erfolgen.
Auch hier ist zu beachten, dass ein Verstoß gegen das Gebot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen strafrechtlich relevant ist.